Wer die Wahl hat, hat die Qual. Die riesige Vielfalt an Gemüse und Salatsorten macht es einem nicht gerade leicht Entscheidungen zu treffen. Unsere Prioritätenliste für das Buch Spriessbürger lautete

  1. einfacher Anbau unter Biobedingungen,
  2. gute Pflanzengesundheit,
  3. guter Geschmack.

Wenn alle drei Bedingungen erfüllt sind, sollten alte Sorten bevorzugt werden. Es nützt allerdings wenig die „richtige“ Sorte zur falschen Zeit oder am falschen Ort zu wählen. Für die Saat im Frühling sollte man Frühjahrssorten verwenden, weil Herbstsorten bei steigender Tageslänge und -wärme schiessen, also in Blüte gehen. Im Berggebiet braucht man raschwüchsige Sorten, da die Vegetationszeit dort eher kurz, dafür intensiv ist. Beim Gärtnern auf dem Balkon sollte man die Hitzeresistenz und Trockenheitsverträglichkeit im Auge behalten.

Gartenanfängerinnen und -anfänger sind mit neueren Züchtungen oft besser beraten, als mit Züchtungen die nach den 20-er und 30-er Jahren entstanden. Nach den Kriegswirren galt die Agrochemie als Heilsbringer. Man war froh, dass man damit endlich alles zu Tode spritzen konnte, was den Ertrag schmälerte (siehe auch http://www.spriessbuerger.ch/die-guten-alten-zeiten/). Das schlug sich auch in der Züchtung nieder: Robustheit und Resistenz war damals weniger gefragt, man hatte ja nun die chemische Keule.

Inzwischen ist der Einsatz von Pflanzenschutzmittel im Profigemüsebau zum Kosten- und Risikofaktor* geworden, deshalb züchtet man heute vermehrt auf Widerstandskraft. Moderne Züchtungen sind deshalb oft einfacher im Anbau und zuverlässiger im Ertrag. Wer das Besondere sucht wird dagegen bei alten Sorten eher fündig. Wer sein Saatgut selbst herstellen möchte wird vor allem auf offenabblühende, samenfeste Sorten setzen. Hybridsorten spalten auf, ihre Nachkommen sind komplett verschieden. Das kann durchaus interessant sein, weshalb in der Biogemüsezüchtung oftmals Hybridsorten eingekreuzt werden, um alte oder offen abblühende Sorten zu verbessern.

Last but not least sollte die Ernte auch noch schmecken. Doch das ist bekanntlich Geschmacksache. Deshalb unser Tipp: Stets zwei oder drei Sorten gleichzeitig anbauen, dann hat man den direkten Vergleich sowohl was Standorteignung als auch Geschmack angeht.

Es gibt nicht nur Sorten, sondern oft auch unterschiedliche Typen, wie bei den Rüebli. (Illustration: Dympna Driscoll)

* Risikofaktor deshalb, weil der Detailhandel Gemüse zurückweist, wenn Mehrfachrückstände in unerwünschter Höhe festgestellt werden