Es gibt nichts, was es nicht gibt. Auch beim gärtnern. In manchen Mischkulturentabellen werden sogar Nachbarschaften mit mehrjährigen Kulturen empfohlen. Rhabarber soll angeblich besonders gut zu Buschbohnen passen. Wie das in der Praxis aussehen soll, ist unklar. Soll man mehrere Rhababer ins Beet zu den Bohnen pflanzen? Das treibt allen, die schon mal einen Rhabarber ausgraben mussten, bereits beim Lesen den Schweiss in die Stirn. Oder soll man die Buschbohnen ständig um den Rhabarber herum anbauen? Das würde dann innerhalb weniger Jahre garantiert zu Fruchtfolgeproblemen führen. Solche Tipps lassen sich höchstens damit erklären, dass jemand ein einziges mal beobachtet hat, dass die Buschbohnen just in dem Jahr, in dem sie neben dem Rhabarber standen besonders schön wurden.
Wissenschaftlich ist die Beweislage für Nachbarschaftshilfen ohnehin dünn. Die Humboldt Universität in Berlin hat zahlreiche Versuche ausgewertet und festgestellt, dass verschiedene Forscherteams mit gleichen Mischkulturen teilweise völlig gegensätzliche Ergebnisse erzielten. Mal brachte die Mischkultur einen Mehrertrag, mal einen Minderertrag, mal waren die Pflanzen gesünder, mal kränklicher. Offenbar entscheiden Faktoren wie Sortenwahl, Fruchtfolge, Platzverhältnisse, Nährstoffverfügbarkeit, Feuchtigkeit, Temperaturverlauf und nicht zuletzt das Wetter weit mehr über gutes oder schlechtes Wachstum als die pflanzliche Nachbarschaft.
Die Alternative zur mystisch verklärten Mischkultur ist der „artgerechte“ Anbau, der die Ansprüche der Pflanzen ins Zentrum stellt. Fruchtfolge, Saattermine und Standortansprüche sind zentral, dann kann man die Kulturen noch so mischen, dass der Platz optimal ausgenutzt wird ohne dass die Ansprüche der jeweiligen Art missachtet werden. Rand- oder Untersaaten mit Blühpflanzen welche Nützlinge anlocken können ebenfalls sinnvoll sein. Artgerecht angebaute Pflanzen sind in der Regel so stark, dass sie auch noch jene Nachbarn ertragen, die ihnen vielleicht tatsächlich weniger zusagen. Es ist wohl wie bei uns Menschen: Wer gut drauf ist, lässt sich von einem grimmigen Nachbarn oder einer mürrischen Nachbarin noch lange nicht die Laune verderben …
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