Jeder Mensch kann singen, aber nicht alle Menschen sind musikalisch. Beim Gärtnern ist es ähnlich: Gemüse anbauen kann jede und jeder. Doch nicht alle Menschen haben richtig dickes Gärtnerblut in ihren Adern. Bevor man sich einen Garten zulegt sollte man wissen, zu welcher Kategorie man gehört. Ein kleiner Test kann schon aufschlussreich sein und der geht so:

  • Nehmen Sie eine Anzuchtschale, einen Topf oder, wenn Sie gerade nichts anderes zur Hand haben, einen Eierkarton.
  • Füllen Sie Erde hinein – dabei ist es egal ob das Universalerde, Pflanzenerde, Aussaaterde oder Erde von einem Maulwurfhügel  ist. Der Test dauert nicht lange, deshalb spielt die Art der Erde keine grosse Rolle.
  • Drücken Sie die Erde leicht fest und verteilen Sie darauf Saatgut einer würzigen, schnellwachsenden Gemüseart wie Kohlrabi, Radiesli, Rucola, Kabis oder Chinakohl. Oder kaufen Sie ein Päckli Saatgut für Microgreens. Wer gerade nichts zur Hand hat, kann auch das Chuchichästli öffnen und nachschauen ob sich braune, grüne oder schwarze Linsen darin befinden. Wenn ja, verwenden Sie diese. (Rote Linsen gehen nicht, die sind geschält und gespalten.) Sie haben zwar keine Linsen im Schrank, aber Buchweizen oder Leinsamen? Bio und ganzes Korn? Das geht auch. Wichtig ist nur, dass Sie aussäen. Am besten jetzt sofort!
  • Drücken Sie das Saatgut leicht an, streuen Sie wenig Erde darüber, stellen Sie den Behälter ans Fenster und halte Sie das Ganze ungefähr drei Wochen lang warm und feucht.
  • Ernten Sie danach die Pflänzli sobald sie so gross sind wie käufliche Kresse, also mindestens vier, höchstens zehn Zentimeter hoch.

Die geernteten Microgreens (genau um das handelt es sich hier nämlich) lassen sich wie Sprossen oder grünes Gewürz verwenden: Man kann sie über den Salat streuen, mit Frischkäse vermischt zum Apero servieren, als Deko in die Suppe geben, im Smoothie verarbeiten und vieles mehr.

Sie fragen sich jetzt was mit dem Gärtnerblut zu tun hat? Dann fragen Sie sich zuerst wie es Ihnen in den letzten drei Wochen ergangen ist: Haben Sie eher das Zähneputzen vergessen als das Giessen? Jeden Tag mindestens einmal nach den Pflänzlis geschaut? Bei Abwesenheit eine Vertretung organisiert und diese täglich daran erinnert die Pflänzli ja nicht zu vergessen?  Haben Sie die Microgreens so bodeneben abgeschnitten wie nur möglich um ja nichts zu verschwenden? Sofort nach der Ernte wieder neu angesät? Dann fliesst mit grosser Wahrscheinlichkeit Gärtnerblut in Ihren Adern. Das Bedürfnis in der Erde zu wühlen und Gemüse anzubauen kann zwar kurzfristig mal durch Alltagsstress verschüttet werden. Aber es wird Sie vermutlich nie mehr loslassen. Wenn Sie im Leben richtig glücklich sein wollen sollten Sie dort leben, wo Sie gärtnern können.

Aber ganz ehrlich: Mussten Sie sich auf dem Smartphone eine Erinnerung fürs giessen einrichten? Haben Sie statt Erde Katzensand verwendet? Die Pfänzli im Küchenschrank vergessen? Oder wussten Sie schon einen Tag nach der Ernte nicht mehr, wie die Microgreens geschmeckt haben? Dann sind die Gärtnergene möglicherweise verschütt gegangen. Da dürften es die Pflanzen schwer haben unter Ihren Händen aufzukommen. Aber verkopfen Sie sich nicht: Erstens kommt das Gärtnerblut eine Generation später oftmals wieder zum Vorschein. Zweitens muss heutzutage niemand mehr wegen fehlender Gene aufs „eigene“ Gemüse verzichten. Es gibt Alternativen zum eigenen Topf-, Hoch- und Gartenbeet: Verschiedene Formen der Vertragslandwirtschaft bieten die Möglichkeit sich mit „selbst angebautem“ Gemüse und Salat einzudecken, ohne täglich auf dem Acker zu stehen. Schauen Sie sich danach um!