Foodwaste kennt man, doch von Seedwaste hat man bislang wenig gehört. Möglicherweise gab es den Begriff bislang auch noch gar nicht. Dabei geht die Verschwendung (=waste) von Saatgut (=seeds) die meisten ambitionierten Gärtnerinnen und Gärtner etwas an. Saatgut ist schliesslich nur begrenzt haltbar. Die Keimfähigkeit nimmt meistens nach zwei, drei Jahren rapide ab. Wer Wert auf grosse Vielfalt im kleinen Garten legt, also viele verschiedene Gemüsearten und -sorten anbaut, wird immer wieder überständiges Saatgut haben, da man ja nie ein ganzes Päckli aufs Mal brauchen kann. Dieses Geronto-Saatgut landet spätestens dann auf dem Kompost, wenn beim zweiten Mal säen wieder nur ein paar einzelne Sämli aufgelaufen sind. Damit hat man erst den Ärger (= schlechtes Auflaufen der Saat) und nachher keinen Nutzen (mengenmässig reissen es die Sämli auf dem Kompost ja nicht raus). Und wenns ganz dumm geht, sind in der Zwischenzeit im Saatguthandel just die Sorten ausverkauft, die man am liebsten gehabt hätte. Dann hat man gleich dreimal Pech gehabt.

Die Anti-Seedwaste-Strategie setzt auf Genuss statt Verschwendung. Und sie ist völlig simpel: Man verwendet das alte Saatgut einfach für Microgreens. Microgreens werden genau wie Kresse auf wenig Erde im Topf oder der Schale gezogen. Der Samen wird dicht gesät, gewässert, auf den Fenstersims gestellt und gegessen, wenn die Pflänzli so gross wie Kresse sind. Ausser Nachtschattengewächsen (Tomaten, Peperoni, Chili etc.) und Bohnen (Busch-, Stangen-, und Feuerbohnen) kann man praktisch alle Gemüse- und Salatsamen für Microgreens verwenden. Es funktioniert also auch mit Zwiebelsamen oder Erbsen, Rüebli- oder Kabissaatgut. Microgreens sind eine Bereicherung vom Speisezettel, da sie mitten im Winter frische Vitamine liefern. Ein echter Gewinn!

Am besten sät man sortenrein in kleine Töpfe. Bei Mischungen kann es nämlich passieren, dass ein Teil vom Saatgut schon aufgelaufen ist während der andere noch nicht gekeimt hat. Sollte die Saat einmal nicht aufgehen hält sich der Verlust in Grenzen und ist viel weniger frustrierend, als wenn dasselbe passiert, wenn man Gemüse ziehen will.

Mitten im Winter frisches Grün vom Fenstersims

Mitten im Winter frisches Grün vom Fenstersims